Männer mit Brustkrebs

Brustkrebs bei Männern – das gibt es! Auch, wenn Brustkrebs bei Männern eher selten vorkommt. Genau dies ist aber auch das Problem: Da Brustkrebs als eine Erkrankung der Frau angesehen wird, denken Männer, wenn sie einen Knoten in ihrer Brustdrüse ertasten, oft erst einmal gar nicht an Brustkrebs. Und so wird die Erkrankung oft relativ spät erkannt, was wiederum die Heilungschancen verschlechtert. Brustkrebs wird bei Männern grundsätzlich genauso behandelt wie bei Frauen.

Prof. Dr. Pia Wülfing
Prof. Dr. Pia Wülfing

04.04.2023

Inhaltsverzeichnis

Häufigkeit: Wie oft kommt Brustkrebs bei Männern in Deutschland vor?

Während 70.000 Frauen jährlich in Deutschland an Brustkrebs erkranken, sind nur 700 Männer betroffen. [1] Also entfallen 1 % der Brustkrebserkrankungen auf Männer. Diese sind zum Zeitpunkt der Erkrankung eher älter, im Durchschnitt 72 Jahre alt. Aber Achtung: Eine Erkrankung ist (wie bei den Frauen auch) in jedem Alter möglich.

Wieso überhaupt Brustkrebs beim Mann?

Warum können Männer überhaupt Brustkrebs bekommen? Männer haben tatsächlich auch einen kleinen Anteil Brustdrüsengewebe. Die Brust ist bis zur Pubertät bei Mädchen und Jungen gleich aufgebaut. Erst durch die vermehrte Bildung weiblicher Hormone in der Pubertät bei den Mädchen beginnen deren Brustdrüse und das Binde- und Fettgewebe der Brust zu wachsen. Männer haben aber auch Milchgänge, in denen Brustkrebs meistens entsteht [3]. Die Menge der Milchgangszellen ist bei Männern aber viel geringer als bei Frauen, daher tritt bei Ihnen Brustkrebs viel seltener auf.

Wodurch kann Brustkrebs beim Mann ausgelöst werden?

Bei den meisten Männern, die an Brustkrebs erkranken, lässt sich kein eindeutiger Risikofaktor nachweisen. Es bleibt also oft unklar, warum man selbst erkrankt ist.

Bei den bekannten Risikofaktoren ist meist ein Ungleichgewicht der männlichen und weiblichen Geschlechtshormone ursächlich. Auch Männer bilden das Geschlechtshormon Östrogen, normalerweise aber in viel geringeren Mengen als Frauen. Das Hormon wird bei Männern aus hormonellen Vorstufen, wie zum Beispiel auch aus Testosteron, gebildet. Diesen Prozess bewirkt das Enzym Aromatase, das vor allem im Fettgewebe vorkommt. [3] Erkrankungen, die dazu führen, dass der Östrogenspiegel beim Mann vergleichsweise hoch ist (z.B. starkes Übergewicht, Lebererkrankungen wie eine Leberzirrhose, Hodenentzündungen oder Nebenhodenentzündung, ein Hodenhochstand in der Kindheit [5], das Klinefelter-Syndrom [4]), erhöhen das Brustkrebsrisiko. Denn Östrogene bewirken das Wachstum der Brustkrebszellen. Auch ein genetisches Risiko kann für eine Brustkrebserkrankung verantwortlich sein. Veränderungen (Mutationen) z.B. im Bereich der Brustkrebsgene BRCA (englisch: breast cancer genes) erhöhen das Erkrankungsrisiko. [5] (mehr Informationen unter https://www.brca-netzwerk.de/). Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Prostatakrebs oder eine Schilddrüsenüberfunktion und der Lebensstil können das Brustkrebsrisiko erhöhen. So erkranken Männer mit Übergewicht, Bewegungsmangel, hohem Alkoholkonsum und Raucher deutlich häufiger. [2] [4] Wenn Männer über eine längere Zeit Testosteron (z.B. Bodybuilder oder als Therapie bei Erkrankungen) oder Anabolika bzw. Wachstumshormone zum Doping eingenommen haben, erhöht sich ihr Brustkrebsrisiko. [4]

Eine frühere Strahlentherapie im Bereich des Brustkorbs (meist aufgrund einer Krebserkrankung) ist wie bei Frauen auch ein klarer Risikofaktor für Brustkrebs. [2] Daher ist es wichtig, dass Männer, die als Kinder oder junge Erwachsene vorbestrahlt wurden, auf Veränderungen ihrer Brust achten.

Familiäre Belastung / Erblicher Brustkrebs

Wenn in der Familie mehrere Mitglieder an z.B. Brust- und Eierstockkrebs oder auch Prostatakrebs, Darmkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt sind, sollte eine erbliche Komponente der Erkrankung unbedingt abgeklärt werden.

Was können Anzeichen für Brustkrebs beim Mann sein?

Eine schmerzlose Verhärtung (Knoten) in einer Brust ist das wichtigste Warnsignal. Meist entsteht Brustkrebs im Bereich zwischen der Brustwarze und der Achselhöhle. [2]

Auch die Brustwarze kann durch eine Brustkrebserkrankung verändert sein. Es kann zu einer Einziehung der Brustwarze kommen, zu Flüssigkeitsabsonderungen (klar oder blutig) oder die Brustwarze kann wund oder entzündet erscheinen und nicht abheilen. [4]

Weitere Anzeichen für eine Brustkrebserkrankung sind geschwollene Lymphknoten in der Achselhöhle. [2] Da Brustkrebs bei Männern oft eher spät erkannt wird, sind bei der Hälfte der Erkrankten schon Achsellymphknoten befallen.

Natürlich können all die zuvor beschriebenen Veränderungen auch vorübergehend und harmlos sein. Gerade während der Pubertät und bei älteren Männern kommt es häufiger zu einer Schwellung der Brust – diese tritt dann aber meist beidseits auf und wird „Gynäkomastie“ genannt. Diese harmlose Schwellung kann hormonelle Ursachen haben oder durch Übergewicht oder Alkoholkonsum bedingt sein. Gutartige Gründe für eine einseitige Veränderung der männlichen Brustdrüse können Zysten oder Veränderungen des Bindegewebes sein.

Was sollte man bei Auffälligkeiten der Brustdrüse tun?

Wenn Sie in ihrer Brust etwas Auffälliges bemerken und diese Veränderung anhält (z.B. länger als 10 Tage), dann sollten Sie diese abklären lassen. Als Mann können Sie sich an Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt wenden. Diese können Sie, wenn der Befund weiter abgeklärt werden sollte, an ein Brustzentrum überweisen. Dort werden dann dieselben Untersuchungen wie bei Frauen durchgeführt: Ultraschall, Mammographie und ggf. eine Stanzbiopsie (Probeentnahme). [4] Wichtig ist bei Männern, Brustkrebs von einer Gynäkomastie zu unterscheiden.

Sollte Brustkrebs nachgewiesen werden, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um abzuklären, ob der Tumor in Lymphknoten, Knochen oder andere Organe gestreut hat. Meist werden eine Computertomographie und eine Knochenszintigraphie durchgeführt. Lymphknotenmetastasen in den Achselhöhlen können sich durch eine Schwellung unter dem Arm bemerkbar machen. Eine Streuung in Organe kann sich durch Knochenschmerzen, Gewichtsverlust, eine verminderte Leistungsfähigkeit, Husten und Atemnot oder eine Gelbfärbung von Haut und Augen äußern. [2]

Wie behandelt man Brustkrebs bei Männern?

Da Brustkrebs bei Männern so selten ist, kommt es immer wieder vor, dass Männer nicht von Anfang in einem Brustzentrum behandelt werden, sondern nicht auf Brustkrebs spezialisierte Fachärzte (z.B. Chirurgen, Dermatologen) die erste Operation durchführen. Dies ist nicht optimal, da einige Untersuchungen bzw. Operationswege dadurch in der Folge nicht möglich sind. Sobald feststeht, dass es sich um Brustkrebs handelt, sollte die Behandlung wirklich in einem Brustzentrum erfolgen (ggf. dort fortgeführt werden).

Beim Nachweis von Brustkrebs muss das betroffene Gewebe in einer Operation komplett entfernt werden [2]. Bei erkrankten Männern muss meist die gesamte Brust mitsamt der Brustwarze entfernt werden (Mastektomie/Ablatio mammae), da sie weniger Brustgewebe als Frauen haben. Wenn der Tumor im Verhältnis zur Brust sehr klein ist, kann auch eine brusterhaltende Operation (BET) möglich sein. Abgesehen vom Brustdrüsengewebe werden auch Achsellymphknoten operativ entfernt und unter dem Mikroskop entfernt, um zu prüfen, ob schon Krebszellen abgeschwommen sind, also wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Hier werden dieselben Methoden (Wächter-Lymphknoten/SLN und axilläre Lymphonodektomie/Axilladissektion/LNE) angewendet wie bei erkrankten Frauen.

Nach der Operation müssen (analog der Behandlung der Frau) je nach Befundkonstellation vorsorglich (adjuvant) eine Strahlentherapie und Chemotherapie durchgeführt werden, um möglicherweise (unsichtbar) im Körper verbliebene Krebszellen zu zerstören und so das Rückfallrisiko zu verringern. Häufig ist auch eine vorsorgliche Antihormontherapie über 5-10 Jahre erforderlich, da die Tumore bei Männern oft hormonabhängig sind. [4] Die Antihormontherapie führt zum „Aushungern“ von hormonabhängigen Tumorzellen, die durch den Entzug der Hormone keine „Nahrung“ bekommen. Eine Antikörpertherapie gegen HER2 ist bei Männern eher selten erforderlich, da auf den Brustkrebszellen bei Männern die HER2-Rezeptoren (= Andockstellen) nicht so häufig vorkommen.

Fortgeschrittene Erkrankung /Metastasierung

Die Behandlung einer fortgeschrittenen Brustkrebserkrankung beim Mann orientiert sich an den Leitlinien der Therapie bei Frauen. Das Ziel in dieser Situation ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und die Überlebenszeit zu verlängern – und das bei möglichst wenig Nebenwirkungen und möglichst guter Lebensqualität. In den meisten Situationen wird der metastasierte Brustkrebs medikamentös behandelt, also mit einer Antihormontherapie, zielgerichteten Therapien oder Chemotherapien. Auch wenn in den wenigsten Studien Männer eingeschlossen wurden, gilt, dass Männer analog zu erkrankten Frauen behandelt werden sollten.

Besonderheiten bei erkrankten Männern

Die Tatsache als Mann an einer vermeintlichen „Frauenkrankheit“ zu erkranken ist schon schwierig genug. Inzwischen ist das Thema Brustkrebs bei Männern aber zunehmend enttabuisiert. Dass auch Männer erkranken können, wird zunehmend bekannter. Neben Selbsthilfegruppen gibt es auch Internetforen, in denen sich männliche Patienten austauschen können. Und auch klinische Studien zur Therapie von Brustkrebs lassen seit einiger Zeit die Teilnahme von Männern zu.

Kontakte / Anlaufstellen

1. Netzwerk Männer mit Brustkrebs e.V.

Diese Patientenorganisation unterstützt, vermittelt Informationen und organisiert regionale und bundesweise Treffen männlicher Brustkrebspatienten: brustkrebs-beim-mann.de

2. Erblicher Brustkrebs

Das BRCA-Netzwerk bietet Informationen zum Thema vererbbarer Brustkrebs: brca-netzwerk.de

Leitlinien

Die Behandlung männlicher Brustkrebs-Patienten wird in den Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms mit behandelt:

  • Die medizinische S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms von 2017 der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. ist unter awmf.org zugänglich.
  • Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) stellt ihre jährlich aktualisierten Leitlinien unter ago-online.de zur Verfügung.

Quellen

[1] brustkrebs-beim-mann.de

[2] onkopedia.com

[3] brustkrebs-beim-mann.de

[4] krebsinformationsdienst.de

[5] klinikum.uni-muenchen.de

[6] Gibis, Sonja: Nicht nur Frauensache. In: Apothekenumschau. Hrsg: Becker, Marc. Wort & Bild Verlag Konradshöhe. Juni 2017.

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